Dienstag, 5. Juli 2016

Abenteuer Schulle


Logbuch des Schiffes "Renate"; 1516, am Tag 124

Auf meinen Reisen habe ich viel erlebt, doch so etwas wie die FSM habe selbst ich noch nicht entdeckt: Ich begab mich an 51°56'13.8"N, 7°35'39.6"E. Hier in dieser unscheinbaren Metropole "Friedensschulle" ist alles anders als Zuhause. Hinter jeder Ecke lauern Gefahren, wie der sogenannte "Babo", ein sich hier anscheinend immer häufiger auszubreitendes Exemplar der Gattung "Größenwahnsinniger Affe". Jeder Schritt sollte gut überlegt sein und könnte ein Kaugummi am Schuh nach sich ziehen. Auch die Menschen hier sind ganz anders und unterschiedlich. Der eine, breitschultrig, mit kantiger Nase und im Jacket, der andere die Hose auf halb acht, mit Marihuana-Blatt-Kappe. Es scheint sich in dieser Gesellschaft um eine ganz klare Stufen- und Klassenordnung zu handeln. Jede der Klassen gehört zu einer Hauptgruppe mit verschiedenen Rechten: die Unterstufe - das kleine Volk, das erst ab der 6. Stunde ans Handy darf, die Mittelstufe - sie wollen eigentlich nur nach Hause, und die Oberstufe - diejenigen, die auf das so genannte Abitur hinarbeiten.
Das gesamte Gebäude ragt, in drei Stockwerke aufgeteilt, mit einem Flachdach und seiner roten Fassade bedrohlich gen Himmel. Manch einer kann sich vorstellen, was Schüler hier alles durchmachen müssen.
Und auch wenn alles ein wenig groß und unstrukturiert wirkt, ist es in Wahrheit ein durchdachter Komplex, ein zivilisierter Kleinstaat, der der Kolonisation der "Stadt" mit dem Geld der Kirche wie ein Fels in der Brandung entgegen steht. Innerhalb der Klassen herrscht eine Diktatur, die durch die Demokratie des Gesamten gedeckt wird. Eine Diktatur des Königs, dessen Status hierzulande auch "Lehrer" genannt wird (wohl abgeleitet von dem begriff "Lehr"). Dieser gibt lehrreiche (-> reich an Lehre) Schulstunden, indem er den Schüllern zum Beispiel beibringt, dass man Schüller und Schulle mit nur einem "l" schreibt.


In der Klasse gibt es eine klare Rolleverteilung: Streber, Babo(s.o.), Anhänger des Babos, Opfer des Babos, die, die bei einer 3 anfängt zu weinen, der, der bei jeder 6 ein Déjà vu hat, der, der nichts macht, weil er meint, dass er hinterher sowieso Vaters Betrieb übernimmt, die, die offensichtlich spickt und nicht ermahnt wird, der, der die ganze Zeit nur Blödsinn macht aber keinen Ärger bekommt und der, der nicht spickt, keinen Blödsinn macht und trotzdem jeden Donnerstag nachsitzt ("Ich hab doch gar nichts gemacht!?").
Auch Lehrer gibt es verschiedene: da ist der Gemeine, der Nette, der mit den unlustigen Witzen, der, der mit der ganzen Situation überfordert ist, der, der "Lehrer" nur als Hobby macht und während des Unterrichtes eine Kreuzfahrt mit seiner Jacht plant, die Praktikantin, der Erzähler, der "Macht mal Seite 45, 46 und 47, ich lese währenddessen mein Buch", der Medienbegeisterte und noch viele weitere.

Die Friedensschulle ist ein Territorium, das noch unerforscht daliegt und erkundet werden will. Die Friedensschulle ist nicht einfach nur eine Schulle, sie ist eine Friedensschulle.
Und wenn man das erste Mal die unscheinbare Tür durchquert, geht man neuen Erfahrungen und Klassenräumen entgegen. Beim zweiten Mal ist das alles nicht mehr ganz so spektakulär und beim dritten denkt man sich, dass man jetzt noch lieber im Bett liegen würde. Aber möge noch einer sagen, Schulle sei langweilig! Das ist sie nicht, sie ist Abenteuer, Bildung und Leitfaden zugleich (Schmalz, Schlabber...).
Langweilig sind nur die Schulstunden, das Essen, die Hausaufgaben, die Artikel der Pa... usw.

#AbenteuerSchulle

Niklas

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